„Case Management implementieren – Begegnung gestalten“ lautete der Titel der DGCC-Jahrestagung 2022 in Münster. „Begegnung gestalten“ in Zeiten zunehmenden Komplexität war das Thema und bestimmte zugleich die gewählten Kommunikationsformen der Jahrestagung: Fokussierungs-Anleitungen zur Begegnung mit sich selbst, berührt zu sein von die Tagung umrahmenden Liebesliedern, die von der Musikerin und Künstlerin Verena Staggl aus der Schweiz vorgetragen wurden, anderen Teilnehmenden in Workshops zu begegnen und auf dem „Markt der Möglichkeiten“ zu schlendern und Interessantes aufzusuchen, gaben vielfältige Kontaktmöglichkeiten. Zudem wurden den Teilnehmenden Fotos von und während der Tagung präsentiert und Bilder, die die Künstlerin Verena Staggl zu den Vorträgen und zur Atmosphäre der Tagung zeichnete.
Zu Beginn der Tagung begrüßte Bürgermeister Klaus Rosenau die Teilnehmenden im Stadtweinhaus, im historischen Gebäude neben dem Friedenssaal, in dem 1648 nach langen Verhandlungen der Konfliktparteien nach dem 30jährigen Krieg eine neue Ordnung in Europa geschaffen wurde. Er lud die Teilnehmenden ein, den historischen Friedenssaal zu besuchen und die Stadt Münster kennenzulernen.
Mona Frommelt und Hugo Mennemann, die im Team durch die Tagung führten, bauten einen „roten Faden“ auf von den Spannungsfeldern, denen Praktiker:innen bei der Implementierung von Case Management auf den drei hervorgehobenen Ebenen der Einzelfall-, der Organisations- und der Netzwerkebene begegnen, über zunehmende Komplexitätsanforderungen auf diesen Ebenen bis hin zum Eigentlichen, zum Kern des Case Managements, um mit den Herausforderungen einen gelingenden Umgang zu finden.
Praxisprojekte befragt
Dabei wurden am ersten Tag Praxisprojekte nach Herausforderungen, Gelingensfaktoren und Veränderungen im Laufe der Zeit befragt, die zum Teil über 30 Jahre Case Management erfolgreich umsetzen. Dazu zählt der Bunte Kreis (Andreas Podeswik), der bundesweit ein integriertes Nachsorgemodell zwischen Krankenhaus und ambulanter Behandlung für krebs-, chronisch- und schwerstkranke Kinder und ihre Familien aufgebaut und vielfältige Implementierungsstrategien ausgebildet hat. Der Verein „Alter und Soziales e.V.“ aus Ahlen in Westfalen (Jürgen Ribbert-Elias) blickt ebenfalls auf eine erfolgreiche 30-jährige Geschichte zurück. Alle Akteure auf kommunaler Ebene arbeiten in einem Verein für pflegebedürftige alte Menschen und ihre Angehörigen sowie in der offenen Altenarbeit zusammen.
Die Dienststelle Selbstbestimmt leben agiert als Kostenträger und Dienstleistungsanbieter in der deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien (Lynn Grossmann und Joel Arens). Die gesamte Organisationsform wurde nach Kriterien des Case Managements aufgestellt. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (Ina Leauclair) implementiert seit einigen Jahren Case Management von der Sachbearbeitung und den Rehaberater:innen über alle Hierarchieebenen bis hin zur Abteilungsleitung und Direktion. Vielfältige Erfahrungen geben wertvolle Hinweise, Case Management in einer so großen Verwaltung erfolgreich und nachhaltig zu implementieren.
Case Management implementieren
Das Modell der Schlaganfalllotsen (Michael Brinkmeyer) auf der Basis des Stroke OWL-Projekts arbeitet strikt nach den Grundlagen des Case Managements und hat in der Zwischenzeit vielfältige Erfahrungen mit der Implementierung von Case Management auf kommunaler Ebene sammeln können. Community Health Nursing (Jürgen Drebes und Elena Zarges) will gesundheitliche Chancengleichheit herstellen, Teilhabe und Koordination sicherstellen sowie insgesamt Gesundheit fördern und erhalten. Dabei kann es zielgruppenspezifisch oder im Quartier eingesetzt werden. Case Management kommt sowohl bei der primären Gesundheitsversorgung als auch bei der gemeindeorientierten Versorgung eine Schlüsselrolle zu.
Das Thema Digitalisierung und Case Management wurde an zwei Tagen in Workshops von Stefan Schmidt und Mona Frommelt beleuchtet. Eine Studie von Stefan Schmidt zu höchst wirkungsvollen Möglichkeiten, gerade ältere Menschen in ihrer Häuslichkeit durch Ipads, Apps und Podcasts, zu unterstützen, stieß auf großes Interesse. Ebenso waren die Ergebnisse einer Studie zu den Folgen von Multitasking im Rahmen der Digitalisierung bezüglich Stress, Zeitfresser und Fehlerquoten für die Teilnehmenden äußerst aufschlussreich. Beide Workshops regten einen intensiven Austausch zu den Folgen und zu dem Nutzen der Digitalisierung gerade auch im CM an.
Case Management – Herausforderungen und Entwicklungen
Am zweiten Tag der Jahrestagung 2022 wurde Case Management mit zentralen Herausforderungen und gesellschaftlichen Entwicklungslinien konfrontiert. Dabei gestalteten weitestgehend dieselben Referent:innen einen thematischen Zusammenhang zwischen den Modellprojekten und den themenbezogenen Herausforderungen. Jürgen Ribbert-Elias und Andreas Podeswik stellten Kommunikationsformen vor allem auf der Organisationsebene vor. Wolf Rainer Wendt stellte Vergemeinschaftungs-Projekte im internationalen Vergleich anhand konkreter Beispiele anschaulich dar. Michael Monzer, der vielfältige Erfahrungen mit der Implementierung von Case Management bei Ämtern auf kommunaler Ebene mitbringt, erörterte kritisch das wichtige Thema der Rekommunalisierung. Thomas Klie und Peter Löcherbach stellten Entwicklungslinien und Absichten vor, Case Management im Leistungsrecht sowie in den Grundlagen der Sozialgesetzgebung zu formulieren.
Der historische Ort der Begegnung war Anlass, vielfältig mit sich selbst und mit anderen bezüglich der Potenziale des Handlungskonzeptes Case Management in Kontakt zu kommen. Die Modellprojekte, die herausfordernden Themenbezüge und alle einzelnen Ergebnisse, auch die während der Veranstaltung entstandenen Bilder, werden Bestandteil einer Herausgeberschrift „Praxis Case Management“ werden, in der das vielfältige Potenzial, das Eigentliche des Handlungskonzeptes noch einmal in unterschiedlichen Facetten sichtbar werden wird.
Im internen Bereich stehen den Mitgliedern vielfältige Fotos der Jahrestagung 2022 zum Download zur Verfügung.